Mittelhessen. Die Volksbank Mittelhessen begrüßte am Dienstag mittelhessische Top-Unternehmer in den Räumlichkeiten des Gießener ServiceZentrums. Volksbankvorstand Rolf Witezek hieß seine Gäste herzlich willkommen. Der Anlass: Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der genossenschaftlichen DZ Bank, gewährte Einblick in seine Expertise zur aktuellen Weltkonjunktur und der Lage auf den nationalen Finanzmärkten. Seine Analyse der Zinssituation und -erwartungen, zu Rohstoffpreisen und den politischen Entwicklungen in Europa und der Welt wurde zudem per Telefonkonferenz an rund 200 Volksbanken und Raiffeisenbanken übertragen. Im Anschluss an die Konferenz hatten die geladenen Unternehmer Gelegenheit zum direkten Austausch mit dem Konjunkturexperten Bielmeier.
„Seit einiger Zeit habe ich den Eindruck, vom Volkswirt zum Polit-Ökonom geworden zu sein." In gewohnt klaren und prägnanten Worten kommentierte Bielmeier das Weltgeschehen. Politische und wirtschaftliche Unsicherheit scheinen nicht mehr Ausnahme, sondern die Regel. Angesichts der weltweiten Krisenherde und Konflikte werden sichere, längerfristige Prognosen immer schwieriger. Doch laut Bielmeier zeigen sich die Finanzmärkte durchaus „leidensfähig“ und erstaunlich resistent. Selbst vom aktuellen Protektionismus der US-Regierung lässt sich der Welthandel kaum beeindrucken. Die negativen Auswirkungen auf die Wachstumsaussichten bleiben noch überschaubar. Derweil trotzen die Aktienmärkte den allgegenwärtigen Risiken und ziehen leicht an. Hintergrund seien die soliden Unternehmensgewinne, die für leicht optimistische Stimmung an den Börsen sorgen. Die Zinssituation bleibt außergewöhnlich. Allerdings schöpfen die nationalen Notenbanken derzeit Liquidität ab, sodass der Status Quo wenigstens erhalten wird. Allein die amerikanische Fed lässt die Zinsen leicht steigen und beginnt deutlich stärker vorhandene Liquidität im Markt abzubauen.
"Die Zinsen sind die zentrale Größe einer Volkswirtschaft."
Angesichts des niedrigen Zinsniveaus klingt es wie eine Binsenweisheit, dass Investoren bei gleicher Renditeerwartung ihr Risiko deutlich erhöhen müssen. Exakt dieses Phänomen zeigt sich aktuell an den Märkten. In Sachen Währungen gerät der Euro angesichts der politisch schwierigen Gemengelage in Italien weiter unter Druck. An einen Austritt Italiens auf der europäischen Gemeinschaftswährung will Bielmeier allerdings nicht glauben. Mit vielen Fragen zeigten sich die geladenen Unternehmer aus der Region sehr interessiert. Aus erster Hand informierten sie sich insbesondere zum protektionistischen Vorgehen des US-Präsidenten und den erwartbaren Auswirkungen auf Rohstoffpreise. Bestimmendes Thema war zudem die nach wie vor hohe weltweite Staatsverschuldung und deren Folgen für die deutsche Wirtschaft. Die Preise auf dem heimische Immobilienmarkt haben laut Bielmeier in einzelnen Ballungsräumen stark angezogen, eine Blase sehe er allerdings nicht. Im Vergleich zum europäischen Ausland seien die deutschen Standorte noch angemessen bewertet. Allerdings empfiehlt er noch stärker auf Standort und Lage der Immobilie zu achten.